gtag('config', 'UA-20994785-1', { ‚anonymize_ip‘: true });
Posts mit dem Label Thrombose werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Thrombose werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Sonntag, 12. Dezember 2010

Tiefe Beinvenenthrombose (4): Therapie


Die TVT stellt einen angiologischen Notfall da, der sofortiges Eingreifen erforderlich macht. Die Ziele einer jeden Thrombosebehandlung sind:
  • weiteres Wachstum des Thrombus verhindern 
  • eine Lungenembolie verhindern 
  • ein postthrombotisches Syndrom verhindern

Die Therapie einer TVT ist überwiegend konservativ und besteht im Wesentlichen aus der Gabe von gerinnungshemmenden Medikamenten. Sofortwirksam ist das Heparin, das bei der ambulanten Behandlung gewichtsadaptiert in Form der „Thrombosespritzen“ gegeben werden kann. Je nach Ausdehnung der Thrombose besteht auch die Möglichkeit der Heparin-Infusionen, dann allerdings nur unter stationären Bedingungen.

Da die Gerinnungshemmung unter Umständen bis zu 6 Monate lang durchgeführt werden muss wird schließlich auf Tabletten umgestiegen. Das in Deutschland am häufigsten verordnete gerinnungshemmende Medikament in Tablettenform ist das Marcumar®. Die Marcumarisierung ist anfänglich etwas aufwendig da im Abstand von einigen Tagen die Blutgerinnung durch Blutabnahmen kontrolliert werden muss, da es etwas braucht bis die Tabletten wirken. Daher kann zu Beginn einer Thrombosebehandlung auf das Heparin nicht verzichtet werden. Neben der Medikamentengabe ist auch die sofort einsetzende Kompressionsbehandlung erforderlich, zunächst durch Verbände, später durch einen Kompressionsstrumpf. Das langfristige Ergebnis ist abhängig von der Fähigkeit des Körpers, das Gerinnsel selbst aufzulösen.

Während früher bei frischen Thrombosen „strikte Bettruhe“ verordnet wurde lautet die Devise heute nach Vorgaben des betreuenden Arztes „Laufen oder Hochlagern“. Es wird allgemein in den Leitlinien zur Behandlung einer TVT ein mehrfach täglich durchzuführendes Gehtraining für 20 bis 30 Minuten gefordert. Ansonsten sollte das Bein viel hochgelagert werden.

Der überwiegende Teil der Beinvenenthrombosen kann ambulant behandelt werden. Voraussetzung sind eine ausreichende Heparinisierung, konsequente Kompression und engmaschige ärztliche Überwachung. Der Patient muss sich zuverlässig an die Vorgaben halten und insbesondere bezüglich der Blutverdünnung und Kompressionstherapie absolut konsequent sein. Nicht geeignet für eine ambulante Behandlung sind Fälle mit massiver Beinschwellung, schweren Begleiterkrankungen, erforderlicher weiterer Diagnostik sowie Patienten, die mit der ambulanten Behandlung überfordert sind, zu Hause nicht betreut sind und keine regelmäßige ärztliche Versorgungsmöglichkeit haben.

Unter konsequenter Initialtherapie kommt es bei rund 25% der Patienten zu einer kompletten oder teilweisen Wiedereröffnung der Venen. Bei 30% der Patienten entwickelt sich nach 5 bis 8 Jahren  eine sekundäre Varikosis, die unbehandelt bis zum gefürchteten „offenen Bein“, dem sog. Ulcus cruris, führen kann. Auch wenn die TVT überstanden und glimpflich abgelaufen ist sollte sich jeder Patient regelmäßig auf Folgeschäden untersuchen lassen, damit rechtzeitig eingegriffen werden kann.

Es gibt noch weitere Therapiemöglichkeiten bei der TVT, die aber insgesamt selten durchgeführt werden: die Lysebehandlung und die Operation.

Jährlich werden in Deutschland rund 130.000 Patienten mit einer TVT behandelt, wovon nur 600 bis 1000 eine Lysebehandlung erhalten. Das liegt zum einen daran, dass weniger als 20% der Patienten für eine Lyse in Frage kommen und zum anderen daran, dass viele Patienten in Hinblick auf die möglichen Komplikationen dankend ablehnen. Bei der Lysebehandlung wird dem Patienten ein gerinnselauflösendes Medikament, am häufigsten Streptokinase oder Urokinase, entweder intravenös gegeben oder aber auch mittels eines Katheters unmittelbar in den Thrombus gespritzt, in der Hoffnung, dass sich dieser wieder auflöst. Die Lystherapie kann nur stationär auf einer Intensivstation durchgeführt werden und dauert wenige Tage bis hin zu 3 Wochen. Während der Lysebehandlung wird wie bei der erstgenannten Methode eine Heparinisierung durchgeführt, die überlappend in die Marcumarisierung übergeht. Die konsequente Kompressionsbehandlung ist selbstverständlich. 

Ein erhebliches Problem bei der Lysetherapie sind Blutungskomplikationen, was zur Folge hat, dass viele Patienten für die Lyse nicht geeignet sind: Patienten über 65 Jahren, Bluthochdruck, Schlaganfall in der Vergangenheit, Augenhintergrundveränderungen, die zu einer Blutung neigen, Hämorrhoiden, Darmpolypen, Magengeschwüre, in den letzen 14 Tagen vor Entwicklung einer Thrombose erlittene Verletzungen und/oder Operationen, Schwangerschaft  und Wochenbett, Tumorkrankheiten sowie bereits bestehende Gerinnungsstörungen. 

Die Lyse-Ergebnisse sind recht gut: zu einer vollständigen Wiedereröffnung der Venen kommt es in bis zu 60% der Fälle, die teilweise Eröffnung findet immerhin bei rund 30% der Patienten statt. Dennoch: diese guten Ergebnisse werden mit der möglichen Komplikation gravierender Blutungen erkauft, die immerhin bei 1,3% der Patienten auftreten und sehr dramatisch sein können. Auch kann sich der in Auflösung begriffene Thrombus von der Venenwand ablösen und zu einer Lungenembolie führen.

Operationen sind bei TVTs recht selten erforderlich und in Fachkreisen auch umstritten. Das Prinzip der Operation besteht darin, dass über einen Leistenschnitt ein Katheter in der betroffenen Vene bis über den Thrombus hinaus vorgeschoben wird. An seinem Ende kann ein kleines Ballönchen aufpumpt werden, mit dem dann der Thrombus mitsamt Katheter herausgezogen wird. Klingt gut, führt aber dennoch bei vielen Patienten noch vor der Entlassung aus dem Krankenhaus zu einer erneuten Thrombose. Merkwürdigerweise entwickeln trotz geglückter Operation mehr Patienten ein postthrombotisches Syndrom als nach der erstgenannten konservativen Methode. Eine Operation wird daher nur noch durchgeführt, wenn das Bein durch den thrombotischen Verschluss von nahezu allen Venen gefährdet ist und abzusterben droht oder aber die untere Hohlvene, die das Blut aus den Beckenvenen zum Herzen führt, von einem Thrombus verschlossen sein sollte.

Tiefe Beinvenenthrombose (3): Lungenembolie


Der Thrombus bei einer TVT kann vor Ort in den tiefen Beinvenen verharren oder aber sich von der Venenwand ablösen und mit dem Blutstrom Richtung Herz schwimmen. Von der rechten Herzkammer aus, die das venöse Blut aus dem Körper aufnimmt, kann er in die Lunge gepumpt werden, wo er die Lungengefäße verstopft und je nach Größe die Lungendurchblutung behindert oder komplett zum Erliegen bringt. Das nennt man dann Thromboembolie, Lungenembolie oder Lungeninfarkt.

Hier eine kleine Animation (engl.):



Die Größe des Thrombus entscheidet, welche Folgen eine Lungenembolie hat. Ist nur wenig Thrombusmaterial auf die Reise gegangen und sind nur wenige, kleine Lungengefäße verstopft, bedeutet das meist keine unmittelbare Lebensgefahr. Körpereigene Substanzen können das Blutgerinnsel langsam wieder auflösen und das war´s dann. Oft werden derart kleine Lungenembolien überhaupt nicht bemerkt! Wiederholen sich die kleinen Embolien immer wieder, weil beispielsweise immer wieder Venenentzündungen auftreten, die Thromboembolien verursachen, kann die Lunge durch Vernarbungen in ihren Gefäßen im Laufe der Zeit dauerhaften Schaden nehmen und das Herz hat es immer schwerer, Blut durch den Lungenkreislauf zu pumpen. Nicht nur die Lunge, sondern auch das Herz ist dann chronisch geschädigt. Ein so entstandener Herzschaden hat eine denkbar ungünstige Prognose.

Werden große Mengen an Thrombusmaterial in die Lunge eingeschwemmt kann das zu einem abrupten Erliegen der Lungendurchblutung und der Pumpfähigkeit des Herzens führen. Der Tod tritt oft innerhalb von Sekunden ein. Jährlich versterben in Deutschland bis zu 30.000 Menschen an einer Lungenembolie.

Die Symptome einer Lungenembolie hängen davon ab, wie viel Thrombusmaterial welche Lungengefäße verstopft hat. Die Symptome einer Lungenembolie können somit variieren, sind manchmal schwach und uncharakteristisch, können schubweise auftreten, wenn kleine Embolien hintereinander stattfinden. Eine Lungenembolie kann aber auch sehr dramatisch ablaufen und das Bild eines akuten Herzinfarktes nachahmen.

An eine Lungenembolie sollte man denken bei:
  • Plötzlicher Atemnot
  • Kurzatmigkeit
  • Blaue Lippen
  • Herzrasen mit Angstzuständen
  • Schmerzen im Brustkorb, die sich beim Einatmen verschlimmern
  • Husten, evtl. wird auch etwas Blut abgehustet
  • Schweißausbruch
  • Kollapsneigung bis hin zur Bewusstlosigkeit

Eine Lungenembolie ist ein lebensbedrohlicher Notfall, schon der geringste Verdacht sollte Anlass zum Handeln geben: Notarzt rufen!

Tiefe Beinvenenthrombose (2): Symptome


Eine Thrombose der oberflächlichen Venen, die in der Regel mit einer Phlebitis (Venen-Entzündung) auftritt, ist leicht zu erkennen und auch dem medizinischen Laien wird schnell klar, dass hier etwas nicht stimmt. Thrombosen der tiefen Beinvenen verursachen oft sehr verschwommene Symptome und sind auch für Kenner der Materie nicht immer eindeutig. Rund 1/3 aller TVT verlaufen sehr mild und symptomarm, d.h. die Betroffenen merken nichts von ihrer TVT bis sich dann aus heiterem Himmel eine Lungenembolie ereignet. Insbesondere bei bettlägerigen Personen wird eine TVT oft nicht erkannt.

Misstrauisch werden sollte man bei folgenden Symptomen:

Ein dumpfer, ziehender Schmerz im Bein ähnlich wie bei Muskelkater. Merkwürdigerweise tritt der Muskelkater nur in einem Bein auf (eine TVT in beiden Beinen gleichzeitig ist äußerst selten!) und bessert sich, wenn das betreffende Bein hochgelagert wird.

Je ausgeprägter der Venenverschluss, desto mehr schwillt das Bein an. Die Anschwellung tritt immer unterhalb des Verschlusses auf. Bei einer Unterschenkelvenenthrombose schwillt die Knöchelregion an, sitzt der Thrombus in den Oberschenkelvenen ist der ganze Unterschenkel einschließlich Knöchel geschwollen. Sollte das ganze Bein geschwollen sein ist das Vorliegen einer Beckenvenenthrombose sehr wahrscheinlich. Das Betasten der geschwollenen Beinregion löst in der Regel Schmerzen aus.

Plötzlich aufgetretene Krampfadern und Besenreiser bzw. deren akute Zunahme können ebenfalls Hinweise auf einen Verschluss der tiefen Beinvenen geben. Oft hat das betreffende Bein auch einen „Blaustich“. Schauen Sie sich daher im Verdachtsfall Ihr Bein genau an!

Die aufgeführten Symptome sollten Sie ernst nehmen und zügig abklären lassen. Eine unbehandelte TVT kann folgenlos bleiben, zu einer Lungenembolie führen und /oder ein postthrombotisches Syndrom verursachen.

Bitte beachten Sie, dass eine sichere Diagnose nur von einem Arzt gestellt werden kann. Das gilt ausdrücklich auch für den Ausschluss einer TVT!

Tiefe Beinvenenthrombose (1): Entstehung


Unter einer tiefen Beinvenenthrombose (auch TVT genannt) versteht man eine Blutgerinnsel-Bildung (Thrombus) in den Leitvenen, das sind die tief zwischen den Muskeln unserer Beine liegenden Venen, oder sogar in den Beckenvenen und der unteren Hohlvene.

Schon vor über 100 Jahren hat ein deutscher Pathologe, Rudolf Virchow, beobachtet, dass folgende Veränderungen zur Entstehung einer Thrombose führen:

1. Veränderungen der Gefäßwand

Schäden an der Gefäßwand können ausgelöst werden durch Verletzungen, Entzündungen (Phlebitis), degenerative Veränderungen, Krampfadern und Geschwulsterkrankungen und führen zu einem Zusammenballen von Blutplättchen und somit zur Entstehung eines Thrombus.

2. Verlangsamung der Blutströmung

Die Strömungsgeschwindigkeit des Blutes in den Gefäßen kann verlangsamt werden durch Immobilität (Bettlägerigkeit, Gipsbein, stundenlanges Sitzen), Krampfadern und Flüssigkeitsmangel. Der verlangsamte Blutstrom gestattet es den Blutplättchen, schneller an der Gefäßwand kleben zu bleiben und die Thrombusbildung nimmt ihren Lauf.

3. Gerinnungsstörungen

Gerinnungsstörungen können angeboren sein oder aber auch durch verschiedene Krankheiten ausgelöst werden. Eine erhöhte Gerinnbarkeit des Blutes verstärkt die Neigung, Thrombosen zu entwickeln.



Während eine Thrombose in den oberflächlichen Venen noch vergleichsweise harmlos ist, ist mit einer TVT nicht zu spaßen. Ein Thrombus kann wachsen und größer werden und somit zu einem kompletten Verschluss der tiefen Venen führen über die normalerweise 90% des Blutes unserer Beine  abfließen muss. Sind die tiefen Beinvenen blockiert, muss sich das Blut einen anderen Weg suchen und fließt über die Perforansvenen, mit denen die tiefen und oberflächlichen Venen verbunden sind,  in das oberflächliche Venensystem ab. Die oberflächlichen Venen sind jedoch nur für 10% des Blutrückstroms ausgelegt und somit überlastet. Sie können dauerhaften Schaden nehmen und zu einer sekundären Varikose führen. Der Thrombus kann sich aber auch von der Gefäßwand lösen und mit dem Blutstrom weitertransportiert werden, über das Herz bis in die Lunge gelangen und zu einer Lungenembolie führen, die im ungünstigsten Fall tödlich enden kann!

Hier noch eine kleine Animation zu TVT und Lungenembolie:

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Phlebologische Untersuchung (3): Phlebographie

Bei der Phlebographie handelt es sich um eine Röntgen-Untersuchung der Venen mit Hilfe von Kontrastmittel. Hierzu wird auf dem Fußrücken - ähnlich der Blutabnahme in der Ellenbeuge - eine Vene punktiert und sodann Kontrastmittel injiziert, welches über die Venen zusammen mit dem Blut Richtung Herz strömt. Da das Kontrastmittel in den Venen im Gegensatz zu Arterien relativ langsam abfließt, lassen sich diese in der Durchleuchtung gut beurteilen. Es müssen dann hintereinander mehrere Röntgenbilder vom Bein angefertigt werden, damit die Venen und ihr evtl. krankhafter Blutstrom später betrachtet werden können. 

Unterschenkel - Kniegelenks-Etage - Leiste/Becken

Zur Phlebographie werden Sie sich in der Regel bei einem Radiologen vorstellen müssen. In der Ära vor Einführung der Doppler/Duplex-Sonographie war die Phlebographie die Standard-Untersuchung bei Venen-Patienten. Häufigste Indikation zur Darstellung von Extremitätenvenen ist der Verdacht auf eine Thrombose. Bei einer frischen Thrombose liegt der Thrombus wurmartig im Gefäß und wird von Kontrastmittel umspült. Ältere Thromben sind in der Regel wandständig oder füllen sogar das Venenlumen vollständig aus. Auch ein postthrombotisches Syndrom mit Zerstörung des Klappenapparates, Kollateralkreisläufen und Gefäßektasien wird in der Durchleuchtung sichtbar.

Die Phlebographie ist eine nicht ganz angenehme Untersuchung, bei weitem aber nicht so belastend wie oft dargestellt. In seltenen Fällen kann sich die Punktionsstelle am Fußrücken entzünden und zu einer oberflächlichen Phlebitis führen. Wie bei jeder Kontrastmitteluntersuchung kann es zu allergischen Reaktionen kommen. Bei Schilddrüsenerkrankungen ist wegen des Jodgehalts des Kontrastmittels Vorsicht geboten. Ernsthafte Komplikationen sind wegen der mittlerweile gut verträglichen Kontrastmittel sehr selten geworden.

Sonntag, 17. Oktober 2010

Primäre und sekundäre Varikosis

Als Krampfader bezeichnet man im Allgemeinen die sackförmig ausgebeulten blauen Venen, die sich unter der Haut der Beine schlängeln und regelrechte Knäuel bilden können. Der medizinische Fachausdruck für eine Krampfader ist Varize, das Krampfaderleiden wird als Varikosis bezeichnet.

Varizen, die anlagebedingt sind und durch zunehmende Degeneration der Venenwände und -klappen entstehen, bezeichnet man als primäre Varizen. Die primäre Varikosis ist ein eigenständiges Krankheitsbild und wird bei den Krampfader-Patienten am häufigsten angetroffen.

Hiervon abzugrenzen ist die sekundäre Varikosis, die immer Ausdruck einer anderen Erkrankung ist, die zu Schäden an den Venen und zur Ausbildung von Krampfadern geführt hat. Sie ist sehr viel seltener als die primäre Varikosis und immer ein ernstzunehmendes Symptom. Die häufigste Ursache einer sekundären Varikosis ist der Verschluss der tiefen Leitvenen in Bein und/oder Becken durch Blutgerinnsel; das zugehörige Krankheitsbild nennt man tiefe Bein- oder Beckenvenenthrombose oder kurz TVT. Durch das Blutgerinnsel in den tiefen Beinvenen , über die normalerweise 90% des Blutes aus den Beinen Richtung Herz fließen, werden die hier befindlichen Venenklappen zerstört. Das Blut fließt dann nicht mehr zielgerichtet nach oben Richtung Herz und sucht sich seinen Weg über das oberflächliche Venensystem, dessen Fassungsvermögen an Blut bei weitem nicht ausreichend ist für die Blutmenge, die nun über sie abtransportiert wird. Folge: sie beulen sich sackartig aus und bilden sekundäre Varizen.

Das Blutgerinnsel (Thrombus) behindert der Blutstrom und zerstört die Venenklappen. Löst sich Gerinnselmaterial (Embolus) kann es mit dem Blutstrom die Lungengefäße erreichen und verursacht eine Lungenembolie.

Die Unterscheidung zwischen primärer und sekundärer Varikosis ist sehr wichtig, da die Behandlung der Krampfadererkrankung völlig unterschiedlich ist.

Sonntag, 5. September 2010

Das Economy-Class-Syndrom

Mitte der 1980er Jahre tauchten in der Fach- wie auch Laienpresse vermehrt Meldungen über thrombose-bedingte Todesfälle während und unmittelbar nach Langstreckenflügen auf. Die Beobachtung, dass während eines Langstreckenfluges Thrombosen auftreten können, war nicht neu. Bereits 1946 war ein kleiner Artikel aufgetaucht über einen Arzt, der auf einem 14 Stunden-Flug von Bosten nach Venezuela eine Thrombose entwickelt hatte. Nur, wer flog damals schon 14 Stunden?

Nach dem spektakulären Tod einer jungen Engländerin im Jahre 2000, die nach einem Langstreckenflug beim Verlassen ihres Flugzeuges in Australien am Gepäckband infolge einer Lungenembolie tot zusammenbrach, war das Medieninteresse groß und eine Horrormeldung jagte die andere:
  • 10% aller 50-70jährigen Flugpassagiere entwickeln einer TVT (=tiefe Venenthrombose)
  • 30 an TVT verstorbene Flugpassagiere am Flughafen Heathrow innerhalb von 3 Jahren
  • 4,3% aller Flugpassagiere zwischen 25 und 65 Jahren entwickeln eine TVT nach 3 Stunden Flugzeit
  • In jedem Jumbo Jet mit 400 Passagieren haben 3-4% eine TVT
  • Bei Flugreisen über 5000 km ist das Risiko einer TVT um das 20ig fache höher als auf Kurzstrecken

Diese Zahlenangaben sollte man sehr kritisch sehen, insbesondere, wenn deren Quellen nicht bekannt sind. In mehreren soliden Untersuchungen, u. a. einer Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO, wurden Häufigkeit, Pathophysiologie und Prävention von Reisethrombosen untersucht. Demnach verdoppelt bis vervierfacht sich das Risiko einer TVT nach einem Flug über 4 Stunden. Das absolute Risiko eines thromboembolischen Ereignisses auf einem Langstreckenflug beträgt etwa 1 : 6000 und ist somit deutlich geringer als in den Medien hochgespielt.

Ein schwacher Trost: Business- und First Class-Passagiere bleiben nicht verschont, 15% aller TVTs finden sich auf den teureren Plätzen.

Samstag, 4. September 2010

Thromboserisiko bei Flugreisen: Risikogruppen

Das Risiko, während einer Flugreise eine Phlebothrombose zu entwickeln, ist individuell unterschiedlich. Grundsätzlich kann man drei Risikogruppen unterscheiden:

Niedriges Risiko:
  • mindestens 4-stündige Flugreise in überwiegend sitzender Position unabhängig (!) von Alter und gesundheitlichem Zustand


Mittleres Risiko: zusätzlich zur 4-stündigen Flugreise …
  • Schwangerschaft oder kurz zuvor Entbindung
  • Alter über 40 Jahre
  • Herzerkrankung
  • Gerinnungsstörungen bzw. bereits in der Familie aufgetretene TVT
  • Varikosis
  • „Pille“ oder Hormonersatztherapie in den Wechseljahren
  • Übergewicht


Hohes Risiko: zusätzlich zu einer 4-stündigen Flugreise …
  • bereits früher erlittene TVT
  • bestehende bösartige oder sonstige schwere Erkrankung
  • „Gipsbein“
  • kürzlich erfolgte Operation oder Bettlägerigkeit aus sonstigem Grund

Sonntag, 29. August 2010

Bluttest bei Thromboseverdacht: D-Dimer

Entsteht im Körper ein Blutgerinnsel, z.B. bei einer tiefen Beinvenenthrombose, dann versucht der Körper, das Gerinnsel wieder aufzulösen, indem er es in winzig kleine Teile spaltet. Eines dieser Spaltprodukte ist das D-Dimer, dessen Konzentration im Blut durch einen Labortest bestimmt werden kann.

Ist die D-Dimer-Konzentration im Blut erhöht, dann liegt mit großer Wahrscheinlichkeit eine venöse Thrombose oder Lungenembolie vor. Auch wenn versucht wird, mit Medikamenten einen Blutpfropfen aufzulösen (Lysetherapie), steigt der D-Dimer-Wert an, vorausgesetzt die Behandlung ist erfolgreich.

Eine Erhöhung des D-Dimer-Wertes findet man allerdings auch bei anderen Erkrankungen, er ist also nicht spezifisch für eine venöse Thrombose oder Lungenembolie. Auch in Tumorgeweben können Blutgerinnsel entstehen, nach Operationen, bei größeren Wundheilungen, schweren Lebererkrankungen, bei bestimmten Leukämie-Formen und Herzrhythmusstörungen kann der D-Dimer-Wert ansteigen. Auch während einer normal verlaufenden Schwangerschaft finden sich leicht erhöhte Werte.

Fazit: die alleinige Bestimmung des D-Dimers reicht zur Diagnose einer Venenthrombose oder Lungenembolie nicht aus, sondern ergänzt die körperliche Untersuchung durch den Arzt sowie weitere Untersuchungsmethoden, die bei einem Thromboseverdacht durchgeführt werden. Normale D-Dimer-Werte schließen eine Venenthrombose oder Lungenembolie jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit aus.

Thromboserisiko unter Hormontherapie

Frauen, die  eine Hormonbehandlung erhalten, sollten über das damit verbundene Risiko, eine venöse Thromboembolie (VTE) zu erleiden, informiert sein.

Frauen mit oraler Kontrazeption ("Pille") tragen ein vierfach erhöhtes Risiko für eine VTE. Bestehende Risikofaktoren wie Alter über 35 Jahre, Übergewicht oder Krampfadererkrankung treiben das Risiko noch weiter in die Höhe. Das höchste Risiko tragen Frauen mit einer vererbten Thrombophilie, d.h. einer erhöhten Gerinnbarkeit des Blutes, hier steigt das Risiko auf das 16- bis 30-Fache.
Das statistische Risiko für ein VTE-Ereignis pro Jahr sieht folgendermaßen aus:
  • für Frauen im gebährfähigen Alter 2-4 von 10.000 (d.h. 2-4 Frauen von 10.000 Frauen erleiden eine VTE)
  • bei Anwendung der "Pille" 4 von 10.000
  • bei erhöhter Gerinnbarkeit des Blutes + "Pille" 30 von 10.000

Unter einer Hormonersatztherapie während der Wechseljahre ist die Gefahr einer VTE am größten, da die Frauen älter sind und mehr Risikofaktoren mitbringen:
  • Frauen zwischen 50 und 60 Jahren + Hormonersatztherapie 40 von 10.000
  • Frauen zwischen 60 und 70 Jahren + Hormonersatztherapie 90 von 10.000.

Wells-Score zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeit einer Beinvenenthrombose

Die Diagnose einer tiefen Beinvenenthrombose (TVT) alleine anhand einer körperlichen Untersuchung zu stellen ist auch für einen Fachmann nicht einfach, da typische klinische Tests zum Nachweis oder Ausschluss einer TVT nicht sehr zuverlässig sind. Statistisch gesehen wird nur bei 25% der Patienten eine richtige Diagnose alleine anhand einer körperlichen Untersuchung gestellt.

Dabei ist der Ersteindruck entscheidend für weitere Maßnahmen hinsichtlich Diagnostik und natürlich auch Therapie. Die klinische Wahrscheinlichkeitsberechnung einer TVT nach dem Wells-Score trägt zur Standardisierung der einzuleitenden Maßnahmen wesentlich bei. Der Punkte-Score setzt sich aus Untersuchungsbefund und Krankengeschichte zusammen. Je mehr Punkte, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer TVT.

Kriterien, bei deren Vorliegen je 1 Punkt vergeben wird:
  • bösartige Erkrankung aktuell o. in den letzten 6 Monaten
  • Lähmung oder Immobilisation einer Extremität ("Gipsbein")
  • Bettruhe über 3 Tage und/oder größere Operation in den letzten 4 Wochen
  • Schmerzen im Bein
  • Schwellung von Unter- und Oberschenkel
  • Umfangszunahme der Unterschenkels > 3 cm, gemessen 10 cm unterhalb des Kniegelenks
  • einseitiges Ödem (betroffenes Bein)
  • gestaute Venen (keine Krampfadern!), nur betroffenes Bein


Auswertung anhand der Summe der Punkte:

  •  < 1 Punkt: niedrige Wahrscheinlichkeit einer TVT
  • 1-2 Punkte: mittlere Wahrscheinlichkeit
  • ab 3 Punkte: große Wahrscheinlichkeit


Fallstricke:
  • TVT´s können auch an beiden Beinen gleichzeitig auftreten
  • trotz geringer Veränderungen und niedrigem Punktewert kann dennoch eine TVT vorliegen; im Zweifelsfall muss die Untersuchung des Beines nach festgelegtem Zeitpunkt wiederholt werden.