Wenn trotz Operationen und vorbeugender Maßnahmen bei Frauen Krampfadern immer wieder auftreten, könnte das an einer sog. „pelvinen Insuffizienz“ liegen was so viel wie „unzureichende Leistung der Beckenvenen“ bedeutet.
Die pelvine Insuffizienz betrifft rund fünf Prozent der Frauen, die an Krampfadern leiden. Meist handelt es sich um junge Frauen, die bereits mehrere Schwangerschaften hinter sich haben. Die Betroffenen haben oft Beschwerden beim Sitzen oder beim Geschlechtsverkehr, unklare Unterleibsbeschwerden, fast immer sehr große Krampfadern im Genitalbereich, häufig auch auf der Innen- oder Rückseite der Oberschenkel, eine Verstärkung der Stauungssymptomatik während der Periode …. und mehrere Krampfader-Operationen hinter sich. Die Ursache der pelvinen Insuffizienz liegt wie bei der „gewöhnlichen“ Krampfadererkrankung hauptsächlich in einer angeborenen Bindegewebsschwäche, die zu erweiterten Venen im Beckenbereich führt. Das Blut staut sich in ihnen und führt dann immer wieder zur Krampfaderbildung der Beine.
Der dem pelvinen Stauungssyndrom zugrunde liegende gestörte Blutfluss kann in jeder Vene aus dem Beckenbereich entstehen, wobei insuffiziente Ovarialvenen (Eierstockvenen) am häufigsten für die Entstehung dieses Krankheitsbildes verantwortlich gemacht werden.
Pelvine Insuffizienz: Zwei Blutabnahmen führen auf die richtige Spur |
Die Diagnose einer pelvinen Insuffizienz gestaltete sich bisher schwierig. Da sie selten ist, wird oft nicht an das Vorliegen der Beckenvenen-Insuffizienz gedacht. Wird die Verdachtsdiagnose gestellt, hilft die routinemäßige Ultraschalluntersuchung der Beckenvenen oft nicht weiter, denn liegt die Ursache der Venenproblematik oberhalb der Leiste entzieht sie sich in der Regel der ultraschallgesteuerten Diagnostik. Nur die Phlebographie kann die Ursache der Stauungsproblematik aufdecken. Hierzu muss allerdings ein Katheter über die Leistenvene vorgeschoben werden, über den dann Kontrastmittel eingespritzt wird. Abgesehen davon, dass dieses Verfahren für die Patientinnen nicht sehr angenehm und auch mit einer gewissen Röntgenstrahlenbelastung behaftet ist, ist es auch teuer, aufwendig und kann nur in darauf spezialisierten Zentren durchgeführt werden.
Mittlerweile geht es auch einfacher:
Das Blut in den erweiterten Beckenvenen staut sich nicht einfach nur, es nimmt auch einen anderen Weg als eigentlich vorgesehen. Bei seinem Weg Richtung Beinvenen fließt es durch die Eierstockgefäße und nimmt dabei Östrogen mit bevor es dann letztendlich in den Beinvenen bzw. Krampfadern versackt. Das Blut bei einer pelvinen Insuffizienz ist somit östrogenreicher als bei einer Insuffizienz oberflächlicher Leistenvenen, da es durch die Ovarialvene fließt. Man braucht nun zwei Blutproben: punktiert man eine Armvene und eine Krampfader und vergleicht diese Blutproben hinsichtlich ihres Östrogengehalts, zeigt sich bei einer pelvinen Insuffizienz ein deutlich erhöhter Östrogenspiegel in dem Varizenblut.
Nochmals zum Verständnis: das Problem bei der pelvinen Insuffizienz ist nicht der erhöhte Östrogengehalt der Beinvenen, die darunter zu Krampfader mutieren, sondern liegt in den erweiterten Beckenvenen und der dadurch ausgelösten Stauungsproblematik. Das Östrogen ist lediglich der Marker, mit dem sich die Ursache der immer wiederkehrenden Krampfadern im Becken lokalisieren lässt!
Es bestehen im Wesentlichen zwei Therapie-Möglichkeiten bei der pelvinen Insuffizienz:
1. Über eine Laparoskopie („Bauchhöhlenspiegelung“) werden die erweiterten Ovarialvenen mit zwei kleinen Metallclips verschlossen und dazwischen durchtrennt.
2. Eleganter und weniger belastend ist die sog. Embolisation der insuffizienten Ovarialvenen: über eine kleine Punktion in der Leiste wird ein dünner Katheter in das Venensystem eingeführt und die Ovarialvene dann mit kleinen Platinfädchen „zugestopft“. Bei den meisten Patientinnen kommt es durch diese Behandlung, die manchmal wiederholt werden muss, zu einer deutlichen Besserung der Beschwerden.