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Sonntag, 20. März 2011

Männersache: Krampfadern, wo man sie nicht vermutet - Varikocele testis (2)

Action!
Varikozele - was nun?

Das Problem bei der Behandlung der Varikozele insbesondere bei Fertilitätsstörungen ist, das nicht vorhersehbar ist, welcher Betroffener von einer Behandlung profitiert und welcher nicht. Der Ausprägungsgrad einer Varikozele korreliert nämlich weder mit dem Schweregrad einer evtl. Fertilitätsstörung noch mit dem Behandlungsergebnis. Daher gibt es auch keine zuverlässigen Aussagen darüber, ob bereits eine Behandlung der Varikozele Grad 0 (subklinisch per Ultraschall nachweisbare venöse Abflussstörung) behandelt werden soll oder muss oder aber die Behandlung erst bei höhergradiger Varikozelen-Bildung sinnvoll ist. 


Die Europäische Urologen-Vereinigung (EAU, Niederlande) hat folgende Empfehlungen herausgegeben (Stand 2010):

1. Die Behandlung der Varikozele ist empfehlenswert bei:
  • unerfülltem Kinderwunsch und krankhafter Veränderung der Spermien
  • schmerzhafter Varikozele
  • Varikozele bei Kindern und kleinerem/zurückgebliebenem Hoden auf der gleichen Seite
2. Keine Behandlung der Varikozele bei:
  • Varikozele und normales Spermiogramm
  • Varikozele und krankhafter Veränderung der Spermien ohne Kinderwunsch
  • Varikozele und Azospermie, d.h. völliges Fehlen von Spermien
3. Behandlung fraglich da Studien zur Belegung des Behandlungserfolges fehlen:
  • Varikozele und zusätzliche Fertilitätsstörungen
  • Varikozele bei Kindern und normaler Hodengröße (Kontrolle alle 6 Monate! In bis zu 70% der Fälle soll es zu einer spontanen Rückbildung der kindlichen Varikozele kommen!)

Behandlungsmöglichkeiten

Zur Behandlung einer Varikozele stehen verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, operativ wie nicht-operativ. Ziel ist es, den venösen Reflux und dadurch den Blutstau im Venen-Plexus zu beseitigen.

Operative Verfahren

Zu den verschiedenen operativen Methoden gehört die hohe Unterbindung der Vena spermatica interna mit oder ohne Schonung der A. testicularis. „Hohe“ Unterbindung heißt, dass die Gefäße oberhalb der Leiste - in Höhe des Unterbauches - aufgesucht und durchtrennt werden. Ein anderer Begriff für diesen Zugangsweg ist auch „suprainguinal“. 

Eines dieser Verfahren ist  die Operation nach Palermo, die 1949 erstmals durchgeführt wurde und bei der das gesamte Gefäßbündel, also Vene und Arterie, unterbunden wird. Etwas schonender ist die Operation nach Bernardi, bei der lediglich die Vena spermatica interna unterbunden wird, die Arterie wird geschont. Unter den operativen Verfahren ist diese Operationsvariante seit Jahrzehnten das Standardverfahren: schnell, effektiv und komplikationsarm. Nachteil der beiden Verfahren ist der erforderliche „Schnitt“ im Bereich des Unterbauches. Er ist zwar nicht sehr groß, die Länge orientiert sich allerdings an der Speckschicht der Bauchdecke… Etwas eleganter ist der Durchführung des Eingriffes per „Knopflochchirurgie“, d.h. laparoskopisch über mehrere recht kleine Schnitte. Laparoskopische Eingriffe sind allerdings zeitaufwendiger und setzen auch eine spezielle Erfahrung des Operateurs voraus (laparoskopische Operationen sind nicht so einfach zu erlernen wie herkömmliche Eingriffe per „Schnitt“).

Der Vollständigkeit halber soll noch das inguinale Operationsverfahren nach Ivanessevich erwähnt werden, bei dem der Schnitt unmittelbar in Höhe der Leiste erfolgt und im Bereich des Samenstrangs sämtliche Venen unterbunden werden. Hierzu sollte ein Operationsmikroskop verwendet werden, damit die A. testicularis, die Lymphgefäße und feinen Nerven geschont werden können. Operationszeit und technischer Aufwand sind bei dieser mikrochirurgischen Variante deutlich höher.

Nicht-operative Verfahren

Nicht-operative Verfahren zur Behandlung der Varikozele werden auch als radiologisch-interventionelle oder angiographische Verfahren bezeichnet. Hierbei wird die Vene spermatica interna ähnlich wie bei der Krampfaderbehandlung der Beine verödet, d.h. sklerosiert. Es existieren zwei verschiedene Varianten:

1. retrograde Sklerosierung

Bei dieser Technik wird die Leistenvene auf der Gegenseite der Varikozele mit einer Kanüle punktiert (also bei einer linkseitigen Varikozele wird in der rechten Leiste gepikst) und über die Kanüle ein Katheter bis in die V. spermatica interna vorgeschoben bis knapp oberhalb des gestauten Venen-Netzes. Über den Katheter wird das Verödungsmittel injiziert, das zu einer Verklebung der Venenwände führt.

Über die rechte Leistenvene wird ein Katheter bis zur linksseitigen Varikozele vorgeschoben und dann das Verödungsmittel injiziert


Nachteil: während der Maßnahme muss das Vorschieben des Katheters unter Durchleuchtung mit einem Röntgengerät kontrolliert werden. Bei einem geübten Behandler ist die Strahlenbelastung im Genitalbereich zu vernachlässigen. Es kann aber auch Behandlungen geben, die aus vielerlei Gründen längere Durchleuchtungszeiten benötigen, so dass die Strahlenbelastung nicht ganz ohne ist. Eine gute Mitarbeit des Patienten ist unbedingt erforderlich, während der Aktion sind immer weder Press-Manöver erforderlich. 

Nicht alle Patienten sind für eine retrograde Sklerosierung geeignet. Bei 20% gelingt die Sklerosierung nicht, weil entweder technische Hindernisse nicht überwindbar sind oder der anatomische Gefäßverlauf Varianten aufweist, die ein Vorschieben des Katheters an die gewünschte Stelle vereiteln.

Die retrograde Sklerosierung wird übrigens von Radiologen durchgeführt, nicht von Urologen oder Chirurgen.

2. antegrade Sklerosierung (nach Tauber)

Eine Alternative zur retrograden Technik stellt die meist von Urologen durchgeführte Sklerosierung durch einen Zugang „vor Ort“ dar. Hierzu muss  ein kleiner Schnitt in Höhe des Hodensacks nahe der Peniswurzel angelegt werden, über den eine gestaute Vene der Varikozele punktiert und ein kurzer Katheter bis in die Vene spermatica vorgeschoben wird, über den dann das Verödungsmittel injiziert wird. Damit lassen sich anatomische Probleme, die das retrograde Verfahren gelegentlich vereiteln, in aller Regel umgehen.

Nachteil: der kleine Schnitt und auch hier muss mit einem Durchleuchtungsgerät gearbeitet werden.

Die folgende Tabelle vergleicht die verschiedenen Behandlungsoptionen bezüglich ihrer Erfolgsquote und einer ausgesprochen schweren Komplikation, nämlich der Hodenschrumpfung.

 
Verfahren
Hoden-schrumpfung
Erfolglos, d.h. die Varikozele bleibt bestehen
Spezielles Zentrum

Offen-chirurgisch
(Op per Schnitt)


unklar

0 - 29%

0,2%

Mikrochirurgisch


< 1%

0,8 - 10%

0,8%

Laparoskopisch


keine

3 - 7%

1,3%

Antegrade Sklero.


0,6%

5 - 9%

3% je nach Schweregrad

Retrograde Sklero.


keine

10 - 24%

2%


Alle Verfahren, operativ und nicht-operativ, werden von der Vereinigung Europäischer Urologen als  grundsätzlich gleich gut geeignet angesehen, um einer Varikozele zu behandeln. Es existieren viele Studien zu dem Thema, was eine Varikozelen-Behandlung beim Erwachsenen bringt. Hier kommt es natürlich immer darauf an, was das Ziel der Behandlung sein soll: Schmerzfreiheit? Geht der Kinderwunsch in Erfüllung?

Wird die Behandlung lediglich wegen Schmerzen durchgeführt, so können über 80% der Männer davon ausgehen, dass ihre Beschwerden nach der Behandlung abklingen.

Bei der Behandlung wegen eines unerfüllten Kinderwunsches sehen die Ergebnisse ernüchternd aus. Unabhängig vom durchgeführten Verfahren gilt die Behandlung der Varikozele statistisch gesehen ohne sicheren therapeutischen Nutzen in Hinblick auf die Schwangerschaftsrate. Die Behandlung der Varikozele führt zwar in vielen Fällen zu einer Verbesserung des Spermiogramms, erhöht jedoch nicht zwangsläufig die „Fruchtbarkeitsrate“ der betroffenen Paare. Eine grundsätzliche Indikation zur Varikozelenbehandlung in Hinblick auf einen unerfüllten Kinderwunsch besteht somit nicht, einen Versuch ist es aber sicher Wert.

Teil (1) verpasst? Hier lang...

Varikozele testis (1)


Männersache: Krampfadern, wo man sie nicht vermutet - Varikocele testis (1)

Krampfadern gibt es nicht nur an den Beinen, sondern können auch ganz woanders auftreten, nämlich im Bereich der Hoden. Das nennt man dann Varikocele testis oder kurz Varikozele.

Ursachen, Häufigkeit und hypothetische Folgen

Varikozelen entstehen durch eine Erweiterung der Venen, die Hoden und Nebenhoden umgeben. Dieses dichte Venen-Netz bezeichnet man als Plexus pampiniformis, über den das Blut aus dem Scrotum („Hodensack“) durch den Leistenkanal Richtung Herz transportiert wird. Die häufigste Ursache für einen gestörten Blutabfluss sind entweder insuffiziente Venenklappen oder aber auch das gänzliche Fehlen der Klappen. Auch sollen genetische und anatomische Ursachen eine Rolle spielen, so dass vermutlich mehrere Umstände zusammenkommen, die dann letztlich eine Varikozele auslösen.


Der venöse Blutstau im Venen-Netz kann zu einer tast- und sichtbaren Erweiterung der Venen führen und hat -zumindest in Tierversuchen- unmittelbare Konsequenzen für den Hoden:
  • Erhöhung der Hodentemperatur um 1 bis 2° Celsius und dadurch Beeinträchtigung der Spermienreifung
  • Rückfluss von Stoffwechselprodukten aus Niere und Nebenniere (Steroide, Katecholamine, Prostaglandine)
  • Mikrozirkulationsstörungen im Hoden durch die venöse Druckerhöhung und dadurch Beeinträchtigung des Hodenvolumens
  • hormonelle Störungen (erhöhtes FSH; FSH = follikelstimulierendes Hormon, wird zur Spermienreifung benötigt)
Wohlgemerkt: das sind tierexperimentelle Ergebnisse, deren Übertragung auf den Menschen rein hypothetisch ist, weshalb es hinsichtlich der Behandlungsbedürftigkeit einer Varikozele bei Erwachsenen auch keine einheitlichen Leitlinien gibt!

In der Literatur existieren unterschiedliche Angaben zur Häufigkeit von Varikozelen, nämlich zwischen 8 und 42% der männlichen Bevölkerung. In Deutschland haben Reihenuntersuchungen junger Männer, z.B. bei Musterungsuntersuchungen,  eine Häufigkeit von ca. 20% ergeben. Von diesen 20% betroffener Männer sollen etwa 15% durch die Varikozelen-Bildung eine Fertilitätsstörung entwickeln, d.h. Probleme mit der Zeugungsfähigkeit. Zum Vergleich: 3% aller Männer ohne Varikozele haben ebenfalls Fertilitätsstörungen. Um Missverständnissen vorzubeugen: Fertilität ist etwas anderes als Libido und Potenz! Varikozelen führen nicht zu Libido- oder Potenzstörungen!

Klinik und Diagnostik

90% der Betroffenen haben eine linksseitige Varikozele, 3% rechtsseitig und bei 7% tritt sie beidseits auf. Die überwiegend linksseitige Lokalisation hat anatomische Gründe: das linkseitig befindliche Venen-Netz führt das Blut über die Hodenvene (Vena spermatica) in die linke Nierenvene, in die sie fast rechtwinklig einmündet, was den zügigen Blutabfluss aus der Hodenvene in die Nierenvene erschwert. Hinzu kommt, das die linke Nierenvene selbst zwischen Bauchschlagader und einer kräftigen Darmarterie zieht und von beiden Gefäßen je nach Blutdruck auch mal „zusammengequetscht“ wird, wodurch es  zu einem sich wiederholenden Blutstau bis in die Hodenvene kommen kann. Die rechte Hodenvene hat es da einfacher: sie mündet spitzwinklig in die untere Hohlvene (Vena cava inferior) und das war´s. 

Die rechte V. spermatica (a) mündet spitzwinkling in die untere Hohlvene, die linke (b) im rechten Winkel in die Nierenvene

Je nach Ausprägung des venösen Blutstaus im Plexus pampiniformis kann es zu einer Anschwellung des Scrotums auf der betroffenen Seite kommen, 2 bis 10% der Männer berichten auch von Beschwerden bzw. Schmerzen, die meist in der Leiste lokalisiert werden.  Man unterscheidet verschiedene Ausprägungen einer Varikozele:

Grad 0:
 > nur per Ultraschall nachweisbar = subklinische Varikozele
Grad I:
> im Stehen nicht sichtbar, nur bei Betätigung der Bauchpresse
Grad II:
> im Stehen nicht sichtbar, aber ohne Bauchpressen tastbar
Grad III:
> im Stehen sichtbar

Zur Diagnostik der Varikozele gehört nicht nur eine körperliche Untersuchung im Stehen und im Liegen, sondern auch eine Doppler-Duplex-Sonographie der Blutgefäße.

Was eine Doppler-Duplex-Sonographie ist, wird hier erklärt:





Unbedingt erforderlich ist auch eine Untersuchung der Nieren mit Ultraschall, denn das venöse Abflussproblem aus den Hodenvenen kann in seltenen Fällen auch durch einen Nierentumor entstehen, nämlich dann, wenn der Tumor den Blutabfluss aus der Nierenvene behindert und sich das Blut bis ins Scrotum zurückstaut. Man bezeichnet diese Variante als „symptomatische Varikozele“ weil sie ein Symptom des Nierentumors darstellt. Auch das Hodenvolumen, also die Hodengröße, kann per Ultraschall ermittelt werden (normales Volumen > 12 ml/Seite).

Zur Ermittlung der Hodenfunktion wird ein sog. Spermiogramm angefertigt, das das Ergebnis einer Ejakulat-Analyse darstellt, sowie ein Hormonstatus, bei der das Blut hinsichtlich spezieller Hormone untersucht wird (FSH, LH, Testosteron).

Hier geht´s zum 2. Teil....

 Varikocele testis (2)